Wenn du meinen Blog schon länger verfolgst oder meinen Newsletter erhältst, dann weißt du, dass auch ich ein Fan von einem morgendlichen Dankbarkeitsritual bin, um positiv in den Tag zu starten. Und auch im Coaching oder in der Therapie frage ich gerne mal nach der Funktion von Krankheit und dem sekundären Krankheitsgewinn, also was wir durch unsere Krankheit gewinnen oder von ihr lernen können. Ich versuche also das Gute im Schlechten zu explorieren.
Positives Denken ist ein hilfreiches Tool, was aus meiner Sicht allerdings dosiert eingesetzt werden will, denn insbesondere auf den Social Media Kanälen lese ich immer wieder Posts darüber, dass positives Denken allein alles verändern kann... Dass aus jeder negativen Erfahrung etwas Positives entsteht, wenn wir nur schnell wieder positiv denken und uns nicht hängen lassen... Womöglich stimmt das alles. Was mich daran stört? Dass hier gerne ausgeblendet wird, dass es normal ist, sich auch mal nicht 24/7 zu 100% zu lieben und dass wir das Leben auch mal kacke finden dürfen.
Glücklicherweise findet diese Betrachtung zunehmend Follower, um mal im Social Media Wording zu bleiben. Man könnte inzwischen von einer "F*cking-Positivity-Bewegung" sprechen, die uns auffordert, nicht blindlings einem übertriebenen Optimismus zu folgen, sondern vielmehr eine authentische und ausgewogene Sicht auf das Leben zu bewahren.
Zugegeben, es ist eine Balanceakt: Wenn ich hier von F*cking Positivity spreche, dann meine ich nicht die Ablehnung des positiven Denkens, sondern die Betonung der Realität und die Akzeptanz von negativen Emotionen als Teil des menschlichen Lebens. Ich möchte dazu ermutigen, nicht nur oberflächlich nach Glück zu streben, sondern tiefer in die eigene Gefühlswelt einzutauchen. Und bevor Missverständnisse entstehen: Es geht auch nicht darum, Pessimismus zu fördern. Es geht um ein gesundes Gleichgewicht. Mit anderen Worten: Es geht darum, authentisch zu sein. Das Leben ist nicht immer sonnig und das ist okay. Aber es ist auch nicht nur schlecht. Indem wir die Höhen und Tiefen akzeptieren, können wir eine echte Verbindung zu uns selbst und letztlich auch zu anderen herstellen.
Wut, Trauer, Ärger, Enttäuschung etc. sind starke Emotionen, die ihre Berechtigung haben, ebenso wie Liebe. Freude und Dankbarkeit. Alle Emotionen wollen gesehen und durchlebt werden. Nur dann entsteht wirklicher Wachstum, der tief aus dir heraus entsteht und nicht an der Oberfläche kratzt und dich bei der nächsten Welle wieder umhaut.
Wenn wir alle damit anfangen würden, uns "nur" einigermaßen okay zu finden, uns mit unseren Stärken und Schwächen, positiven und negativen Gefühlen akzeptieren könnten, die schönen und die unschönen Erfahrungen zu integrieren und vor allem auch gemeinsam zu durchleben, wenn wir nicht immer alles schön reden würden: Wie authentisch und wundervoll wäre dann diese Welt? Wie tief wäre die Verbindung zu uns selbst und wie kraftvoll die Beziehung zu anderen? Ich finde, wir sollten unbedingt damit anfangen, öfter beide Seiten der Medaille ausgewogen zu berücksichtigen!
Du bist goldWERT!
Herzlichst
Svenja Lotze