"Ich liebe Stress. Ich brauche ihn. Ich lebe mit ihm. Er gibt mir Feuer und Lebensenergie."
Als ich diese einleitenden Worte in der Leseprobe zum Buch von Dr. med. Ulrich Strunz "Das Stress-Weg-Buch" gelesen habe, dachte ich sofort, dass so auch mein Buch zum Thema Stress anfangen könnten, so ich denn eines schreiben würde. Denn ich mag Stress wirklich. Es ist selbst gewählter Stress. Die meisten Dinge davon muss ich nicht tun, sondern ich tue sie, weil ich sie tun will. Einfach weil ich Freude daran habe. Und wollen ist ja bekanntlich wie müssen, nur eben freiwillig. Das macht schon einen riesigen Unterschied.
Wenn Menschen zu mir in die Praxis kommen hingegen und von Stress berichten oder sich vollkommen gehetzt im Yogakurs eine Minute vor Beginn der Stunde auf die Matte schmeißen und nochmal kurz mitteilen, was für ein stressiger Tag das war, dann ist das ein ganz anderer Stress. Stress, der von außen gemacht ist. Terminstress. Alltagsstress. Stress, der in den meisten Fällen nicht selbst gewählt ist, zumindest nicht in aller Konsequenz. Und die Beschreibungen dieses Stresses beginnen meistens mit: "...und dann musste ich noch..." Oder "Nachher muss ich noch schnell...". Du merkst: Keine Freiwilligkeit. Alles MUSS, keine Spur von Wollen. Schade...
Stress per se ist ja erstmal nichts Schlechtes. Es gibt durchaus guten Stress, auf fachchinesisch auch Eustress genannt. Guter Stress bewegt uns zu höherer Leistungsfähigkeit, er bringt unsere Potenziale auf eine neue Ebene und macht irgendwie Spaß (siehe oben!). Stress also immer zu vermeiden, macht daher auch wenig Sinn, weil wir uns dann nur selbst begrenzen, nicht widerstandsfähiger werden und nicht wachsen. Und dennoch gibt es auch diesen Stress, der uns lähmt, auslaugt und zu Beschwerden führen und krank machen kann, auf fachchinesisch Disstress. Er kann unseren Hormonhaushalt durcheinander bringen, zu Verspannungen der Muskulatur führen (was sehr wahrscheinlich ist, denn Stress bzw. Stresshormone wie Cortisol etc. setzen sich sehr gerne in den Faszien des Körpers fest). In akuten Stresssituationen bilden sich Stressflecken, das Herz beginnt zu rasen, wir schwitzen oder frieren. Langfristig kann Disstress dann zu Bluthochdruck, Verdauungsbeschwerden, Magengeschwüren, Kopfschmerzen, Migräne, Depression, Burn-Out usw. führen. Wahnsinn, oder? Und das alles, weil wir glauben, dies und das zu müssen? Auch wenn unsere Leistungsgesellschaft uns das manchmal suggerieren möchte: Stress ist kein Zeichen von Erfolg und noch weniger ein Wettbewerb. Und trotzdem stressen wir uns zeitweise um die Wette - gerne auch in der Vorweihnachtszeit!
Was jetzt aber tun, wenn du das Problem (negativer Stress) erkannt hast, dein Körper oder deine Psyche in irgendeiner Form auf Stress reagieren und du merkst, dass sich das gar nicht gut anfühlt? Im Coaching sagen die meisten Coachees sowas wie "Ja, aber so ist nun mal mein Job" oder "Das liegt nicht an mir, das kann ich nicht ändern". Mag sein. Ein berühmtes Sprichwort sagt: Wenn du die Umstände nicht ändern kannst, dann ändere deine Einstellung dazu. In diesem Fall etwas abgewandelt: Wenn du die Umstände nicht ändern kannst, schau genauer hin, was Stress mit dir macht und verändere dich! Wie? Der Schlüssel dazu heißt Bewusstheit oder auch Achtsamkeit - dieses Wort wird in den letzten Jahren so inflationär genutzt und vielleicht rollst du gerade auch schon innerlich mit den Augen, wenn du das Wort liest, sodass auch mir Bewusstheit besser gefällt. Bewusstheit/Achtsamkeit - meint im Wesentlichen das Gleiche: Es geht darum, achtsam mit sich selbst zu sein, bewusst seinen Alltag zu gestalten, achtsam/bewusst durch die Welt zu gehen. Und damit meine nicht, inne zu halten und den Gänseblümchen beim Wachsen zu zu sehen - zumindest nicht nur :-) - sondern ich meine vor allem, sich selbst zu beobachten und sich selbst Aufmerksamkeit zu schenken, bewusst zu leben und sich nicht fremdbestimmten zu lassen. Das lernst du ja auch im Yoga, falls du regelmäßig auf die Matte gehst...
Ich habe hier ein paar Schlüsselfragen für dich zusammengestellt, die dich effektiv zurück ins Hier und Jetzt bringen - meistens wandert unser Geist nämlich in der Zukunft oder Vergangenheit rum - und eine paar Impulse, wie du Stress durch Selbstliebe eintauschen kannst:
Ausatmen!
Keine Fragen, aber ein absoluter Erste-Hilfe-Tipp: Egal, was dich stresst - der Chef, dein Kind, die Kassiererin - erstmal auszuatmen, ist immer eine gute Idee! Und zwar gaaaaanz laaaange und bewusst. Wenn du nicht gerade Auto fährst oder mit einer Motorsäge hantierst, schließ deine Augen dabei und wiederhole das lange Ausatmen, bis du eine Wirkung spürst, sich zum Beispiel dein Puls beruhigt, deine Herz aufhört zu rasen etc.
Ausatmen aktiviert unseren Parasympathikus. Ausatmen bedeutet für unseren Körper, dass keine Gefahr für Leib und Leben besteht und wir daher entspannen können.
Muss ich oder will ich?
Wie oft sagst du am Tag "Ich muss..." und wie oft kannst du dies durch "Ich will..." ersetzen? Korrigier´ dich selbst beim Reden, frag dich innerlich oder auch ganz offen beim Sprechen, ob du musst oder willst? Diese Methode ist ein guter Anfang, um sich bewusst zu machen, ob alles was du glaubst tun zu müssen, überhaupt deine Aufgabe ist oder ob da nicht jemand einen Auftrag an dich abgegeben hat. Vielleicht kannst du ihn wieder zurückgeben oder andere um Hilfe bitten?
Wie geht es mir heute?
Klingt banal, aber ganz ehrlich: wie oft hast du dir in den letzten, sagen wir, 4 Wochen Zeit genommen, täglich diese Frage aufrichtig zu beantworten? Siehst du! Also: Wie geht es dir heute? Immer eine gute Idee, sich mal ganz kurz zu erden und zu checken, ob alles ok ist. Manchmal ist es die innere Unruhe, manchmal Schweißausbrüche, manchmal Trägheit... "Wie geht es mir" ist ein guter Anfang, um wieder mit dir selbst in Kontakt zu kommen.
Was brauche ich jetzt?
Immer dann, wenn du besonders unter Strom stehst, schaut niemand danach, was deine Bedürfnisse sind. Oft erlauben wir uns erst dann wieder auf unsere Bedürfnisse zu schauen, wenn unsere zahlreichen To-Dos abgearbeitet und alle anderen versorgt sind. Macht man ja auch, soll ja niemand glauben, wir wären egoistisch. Und so reden wir uns gut zu, mal ein bisschen die Zähne zu beißen (Knirschst du eigentlich nachts mit den Zähnen?) und die Pobacken zusammenzukneifen (Wie geht´s deiner Verdauung?) müssen, unser Bauchgefühl, das sich etwas nicht gut anfühlt zu ignorieren, und durchzuziehen. Und dann wundern wir uns, wenn was schiefgeht, das Ergebnis halbherzig wirkt oder wir die Hälfte vergessen.
Was brauch ich jetzt, um wieder leistungsfähig zu sein, ist viel häufiger ein Energiebooster statt ein Zeiträuber!
Wofür bin ich heute dankbar?
Wenn du meinen Blog schon eine Weile verfolgst oder dich für meinen Newsletter eingetragen hast, dann weißt du, dass ich ein echter Dankbarkeitsfan bin. Ich finde einfach, Dankbarkeit verändert so viel und ist so heilsam! Du kannst dadurch deinen Blick auf die positiven Aspekte und Ereignisse an deinem Tag richten, du gibst den Dingen, die weniger gut klappen, weniger Aufmerksamkeit, das führt zu weniger mentalem und seelischen Stress und steigert dein Wohlbefinden sofort! In meinem Blogartikel "Wie Dankbarkeit dein Leben verändern wird" findest du ein paar Tools, um Dankbarkeit mehr Raum in deinem Alltag zu geben.
Frag dich direkt morgens oder abends "Wofür bin ich heute dankbar" und schreibe dir drei oder fünf Dinge auf. Jeden Tag. Für mich ist das der Gamechanger!
Ich will dir nichts vormachen: es ist nicht ganz einfach, mehr Bewusstheit in dein Leben zu bringen, denn das lebt vor allem von der Etablierung neuer Gewohnheiten. Wir müssen uns verändern und das mag weder unser Ego noch unser Umfeld. Wenn du zukünftig aber mehr Balance und Leichtigkeit in deinem Leben spüren möchtest, macht es Sinn JETZT anzufangen und dich mit deinen Stressoren und deinen Bedürfnissen in stressigen Zeiten auseinander zu setzen und dir letztlich selbst mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Das hat immer eine Wirkung und womöglich ändern sich plötzlich Dinge, die du bislang für unveränderbar gehalten hast :-)
Wenn ich dich unterstützen kann, sprich mich gerne an. Yoga kann deine Bewusstheit fördern, ein Coaching kann dir dabei helfen, dran zu bleiben und neue Denk- und Verhaltensmuster zu etablieren!
Herzlichst,
Svenja Lotze