"Gut Ding will Weile haben."
"Alles braucht seine Zeit!"
"In der Ruhe liegt die Kraft!"
Jaaaa, ich weiß!!! Und trotzdem: Warten - das fällt mir echt schwer. Und ich muss oft warten und mich in Geduld üben, denn nur wenig passiert sofort. Vor allem nicht, wenn erst irgendwelche Vorausetzungen erfüllt sein müssen, ich eine Genehmigung für etwas brauche, oder andere Menschen Teil der Idee sind und ich auf die Entscheidung von anderen warten muss. Und manche Menschen brauchen echt lange, um eine Entscheidung zu treffen...
Ich bin einfach ungeduldig. Punkt. Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann muss es JETZT sein. Was man hat, das hat man schließlich! JETZT bin ich motiviert, JETZT brenne ich für die Idee, JETZT fällt es mir leicht. Und vor allem: Dann ist es erledigt! Und das Gefühl mag ich besonders gerne: Erledigte To-Do-Listen - herrlich! Dann hab ich den Kopf frei und kann wieder neue Listen schreiben!
Genauer betrachtet ist meine Ungeduld also eigentlich nicht nur eine Schwäche, sondern auch eine echte Stärke. Eben genau weil ich abgearbeitete To-Do-Listen so sehr mag und eben genau weil ich Dinge abschließen möchte, bevor ich etwas Neues anfange, treffe ich meist schnell eine Entscheidung und kann mich blitzschnell auf die neue Situation einstellen! Während andere noch im Vergleich der Vor- und Nachteile sind, folge ich meiner Intuition, meinem Bauchgefühl.
Natürlich sind nicht immer alle Entscheidungen richtig. Natürlich denke ich nachher manchmal, dass ich vielleicht hätte etwas länger drüber nachdenken sollen. Aber sich zu entscheiden bedeutet auch, dass man die Wahl hat, zwischen zwei oder mehr Optionen, von denen man zum jetzigen Zeitpunkt sowieso nicht weiß, was richtig ist. Natürlich kann ich das Risiko eines Fehlers minimieren, indem ich alle Details miteinander vergleiche, alle Optionen im Kopf durchspiele und nochmal etwas Zeit vergehen lasse. Klar, das ist sicher oft vernünftig! Aber ehrlich gesagt, möchte ich lieber aus Fehlern lernen, als mich den ganzen Tag mit Vergleichslisten und Studien zu beschäftigen, aus Angst, ich könnte eine falsche Entscheidung treffen. Denn umso länger man sich mit Dingen beschäftigt, umso mehr Details werden bekannt und desto weniger komme ich ins Handeln. Umso größer kann auch die Angst vor einer falschen Entscheidung werden.
Vielleicht ist es die größte Schwäche des Homo Sapiens, dass wir in den Kategorien schwarz und weiß, richtig und falsch, gut und schlecht, Stärken und Schwächen denken. Das blockiert uns, denn sind wir doch mal ehrlich: Wir wissen alle, dass es mehr Farben als schwarz und weiß gibt. Wir wissen alle, dass das, was für mich gut ist, für jemand anderen schlecht sein kann. Und unsere Schwächen sind nicht nur Schwächen, sondern können auch zu unseren Stärken werden, wenn wir uns ihrer bewusst werden und anfangen sie zu nutzen.
Ich möchte dich ermuntern, nicht leichtfertig, aber mutig zu sein, Entscheidungen zu treffen und damit Verantwortung für dein Leben zu übernehmen. Du bist erwachsen und es gibt keinen anderen Menschen, der dir deine Entscheidungen abnehmen kann oder gar die Verantwortung dafür übernehmen kann.
Die bekannte Psychologin Vera Birkenbihl hat mal in einer Vorlesung das Thema "Entscheidungen treffen" mit den Studierenden besprochen und folgenden Tipp gegeben: "Wenn du morgen sterben würdest, welche Entscheidung würdest du in dieser jetzt aktuellen Fragestellung treffen?" Klingt erstmal ein bisschen theatralisch, aber der Effekt ist das Entscheidende: Die meisten Menschen denken, dass sie noch ewig Zeit haben zu leben und daher ja auch noch ewig Zeit ist, eine Entscheidung zu treffen, Sie schieben diese vor sich her. Wenn man sich aber bewusst macht, dass der Tag des letzten Atemzuges schon morgen sein könnte, wird man sich plötzlich bewusst, was wirklich wichtig ist. Man verliert die Angst vor Fehlern und geht in Resonanz mit sich selbst, mit dem, was einem selbst am wichtigsten ist. Und plötzlich fällt es leicht die Entscheidung zu treffen, die deinem inneren Bedürfnis am nächsten kommt.
Unsere Schwächen fordern uns heraus, das Beste aus Ihnen zu machen und unser Leben fordert uns auf, Entscheidungen zu treffen, die unbequem sein können und die Angst machen können. Vielleicht haben wir manchmal nach einer falschen Entscheidung viel verloren und nicht mehr gewonnen, als eine neue Erfahrung. So what? You only live once! Casper hat mal gesagt: "Der Sinn des Lebens ist leben - das wars!"
In diesem Sinne viel Freude beim Perspektivwechsel und bei allen Entscheidungen, die du heute triffst!
Herzlichst
Svenja Lotze